Impuls von Pfarrer Markus Honermeyer zu Jesaja 58, 1-9a

Während Menschen Gott um Beistand und Hilfe bitten, ihm Ehre und Dank im Gottesdienst erweisen, gerät ihnen etwas aus dem Blick: Abseits des Gottesdienstes und der Bitte um Beistand ruht ihr Wohlstand, ihre Sicherheit auf dem Leid und der Armut ihrer Mitmenschen. Prekäre Arbeitsverhältnisse, Schuldsklaverei und beschämende Wohn- und Hygienebedingungen sind in direkter Nachbarschaft zu finden.

Wie in kaum einem anderen Text der Bibel stellt Jesaja hier den Gottesdienst dem Alltag gegenüber, und fordert, gerade die zwischenmenschlichen Lebensverhältnisse an Gottes Maßstäben auszurichten. Ungerechte Preise, hingenommene Armut und Ausbeutung – hier muss sich etwas fundamental ändern! Nur dann können Menschen bei Gott Gehör finden, wenn sie auch ihre „zwischenmenschlichen Hausaufgaben“ erledigen. Der Gottesdienst im Alltag ist die Hauptsache, dort wird sichtbar, wem man dient. Und allzu oft ist es der eigene Vorteil.

Umkehr, Abkehr von Scheinheiligkeit und Fatalismus, ein soziales Gewissen entwickeln, das ist nach den Worten Jesajas an der Zeit. Auch bei uns ist noch lange keine Gerechtigkeit sichtbar, die Schere von arm und reich geht gerade wieder einmal weiter auseinander. Der Aufschrei über die unhaltbaren Zustände in der Fleischindustrie und das Entsetzen über Umgang mit Flüchtlingen im vermeintlichen Asyl Europa verklingen schon wieder. Unser hart erarbeiteter Wohlstand, unsere Sicherheit, sind an vielen Stellen auch Ergebnis eines harten Wettbewerbs, der Schwächere ausnutzt. Die Mechanismen sind aber kompliziert, die Lieferketten schwer zu durchblicken.

Dennoch: Worum wir Gott bitten, sollen wir unserem Nächsten nicht versagen. Und werden in der Passionszeit gewahr: Für uns geht Jesus nach Jerusalem, sein Leiden ist voller Liebe für die, die in der Nächstenliebe versagt haben, deren Gehorsam gegenüber Gottes Geboten ausblieb. Die Liebe Gottes für die Verlorenen und Schuldiggewordenen ruft zur Umkehr zur Gerechtigkeit.